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Die fabelhaften Geschichten vom Grünen Gorilla und dem fast weißen Panda – Vanua Vonu

Autor: Momo Pete

Auszug:

… Der grüne Gorilla trägt wie immer auf seinem Rücken den vollgepackten, mit Kumkum rot eingefärbten, Bananenblätter-Rucksack seiner Lieblingsmarke „Hanuman“, angefüllt mit reichlich Proviant und unzählige Geschichten. Seine rechte Hand hält ein Machete um sich gegebenenfalls den Weg frei zu kämpfen.

Der Panda hat wie immer an gar nichts gedacht oder befürchtet oder vorher gesehen. Hat sich einfach im tiefsten Vertrauen an die Seite seines zielstrebigen Begleiters begeben und die kommenden Tage in die pelzigen, schrumpeligen Hände seines ewigen Herz-Freundes gelegt.

Das wichtigste, für den immer wieder und unvermittelt Purzelbaum schlagenden Panda besteht darin, dass es immer etwas zu essen gibt, welches sich der Panda, während der Geschichte, als Teil der Geschichte, als die Geschichte selbst, mit glühendem Vergnügen und in ehrlicher Aufregung in seine Backen schieben wird.

Sie werden heute ihre Pilgereise beginnen zu einem sagenumwobenen Ort, wo die weiseste aller weisen Meeresschildkröte ihr Leben verbracht hatte. Un-überraschenderweise hatten sie diesen Platz in einem ihrer Vorleben, vor und zu der tatsächlichen Lebenszeit der weisen Meeresschildkröte schon einmal angesteuert und der grüne Gorilla hatte eine großartige Lektion erhalten, die er in seinem übervollen Lebensbuch unter dem Kapitel „Vanua-Vonu-Coco-Latte“ archiviert hatte.

Also zumindest der grüne Gorilla konnte sich an die Leben über Leben zurückliegende Ereignisse noch genau erinnern.

Der fast weiße Panda kannte die Erzählung natürlich auch, hatten sie aber der Spannung wegen immer wieder vergessen. Er konnte Geschichten zehntausendfach hören und wurde praktisch und tatsächlich nie müde davon, beziehungsweise satt.

Zehn Stunden zuhören, von Bambussessel zur Hängematte, von der Hängematte wieder zurück auf das Bambussofa, während der Gorilla sich nimmermüde durch die Welt von magischen Wesen und wild gewordenen Hühner, von Seite zu Seite, von Zeile zu Zeile hangelt — kein Ding. Viele Bücher und Geschichten kannte der fast weiße Panda daher im Wortlaut auswendig! Sollten auch nur ein winziges Detail fehlen, der fast weiße Panda würde den grünen Gorilla sofort gnadenlos korrigieren und sogleich auf ein „Weiter!“ bestehen.

Die Geschichten mit der weisen Meeresschildkröte mit dem fabelhaften Namen „Da-Oh!“war einer seiner Lieblingserzählungen, den es ging darin natürlich um Essen, Kokosnüsse, Paläste, Mandalas, Liebe, Tanzen, Seepferdchen, Delfine, Einhörner und natürlich Eiscreme.

„Sag mal Babaji,“ der fast weiße Panda nannte seinen Freund immer so, „Wie geht die Geschichte nochmal mit Vanua Vonu und der vergoldeten Kokosnussschale?“

Der grüne Gorilla legt sein Stirn in schmunzelnde Falten, seine Augen strahlen: Klar Panda ist Panda! Sie sind nicht mal einen Meter gewandert, sitzen immer noch gemütlich auf den alten Treppenstufen. Er blickt vielsagend und lachend zu dem vollkommen unschuldig dreinblickenden fast weißen Panda.

„Du weißt doch ein außergewöhnliche Geschichte, verlangt einen außergewöhnlichen Ort, wo sie erzählt wird. Eine kaum hinternbreite, alte Treppenstufe reicht dafür bei weitem nicht,“ erwidert der grüne Gorilla gelassen.

Gesagt, abgehackt. „Ja, ja schon gut“, seufzt der fast weiße Panda in seiner ganz und gar unschuldigen, pandamäßigen Eigenart.

Es bestand die seit Urzeiten von Inkarnation zu Inkarnation weitergegeben Abmachung zwischen den beiden Freunden, zwischen allen grünen Gorillas und fast weisen Panda Freundschaften: Eine Geschichte kann nur richtig erzählt oder vorgelesen werden, jenseits von Bambus-Baumhaus und Blätter-Hängematte, wenn das Vorlese-Lager, der Geschichten-Erzählung-Platz, der Ort der Worte, im Gleichklang ist mit dem Erzähltem und die Sätze dabei spektakulär ins Szene setzt. Also das ganz großes Kino, in einer großartige Szenerie.

„Gehen wir los!“, ruft der Panda, erhebt sich von der geschichts- untauglichen Treppe bricht einen Zweig ab, den er sich schon kauend in den Mund schiebt , und stapft selig auf den wartenden, verwunschen Pfad zu, der sie entlang des Meeres in den immergrünen Wald führt.

Erschienen Ende 2021 im Selbstverlag

 

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